
Wissen als Allgemeingut = Wissen ist Macht
Ich wurde in eine Arbeiterfamilie hineingeboren. Für Bücher war kein Geld übrig. Die erste Begegnung mit einem Buch fand in der kleinen Schule statt, die ich bis zur vierten Klasse besuchte. In dem Klassenraum, in dem Unterricht für alle vier Klassen stattfand, stand ein Bücherschrank, aus dem sich die Schüler, die gerade keinen Unterricht bekamen, Bücher nehmen konnten, um in der Zeit, in der sie ruhig sein mussten und nicht stören durften, zu lesen oder zu schreiben.
Lesen war von dieser Zeit an immer wichtig, eigene Bücher aber hatte ich nur wenige, da Bücher nicht bezahlbar waren. Meine Eltern waren dann ebenso wenig in der Lage, mir die Ausbildung zu ermöglichen, die ich mir damals wünschte.
Diese Erfahrung liegt nun schon Jahrzehnte zurück. Die Möglichkeiten für Menschen, die aufgrund von Geldmangel keinen Zugang zu Bildung und Bücher haben, sind seither nicht sehr viel besser geworden. Ist es überhaupt erwünscht, dass diese Gruppe von Menschen über Bildung Wissen erlangt?
Vor einigen Jahren wurde ich durch einen Bekannten auf politische, philosophische und kunstwissenschaftliche Bücher und andere Quellen des Wissens aufmerksam und erhielt Informationen, die in den Massenmedien nicht oder nur an entlegenen Stellen verbreitet werden. So wurde ich kritischer gegenüber der gegenwärtigen Politik und begann, Politik und Politiker und deren Tun zu hinterfragen. Diese für mich ganz wichtige Erfahrung ist einer der Gründe, mich für die Politikchronisten zu engagieren.
Es gibt Beispiele anderer Projekte, die sich der Problematik der Benachteiligung von Menschen einer bestimmten Klasse, Bildung zu erlangen, angenommen haben. So die amerikanische Soziologin Jane Addams, die zusammen mit Ellen Gates Starr, einer Sozialreformerin, 1889 in Chicago ein Haus als Zentrum für Bildung und Sozialleistung eröffnete. Oder die Schriftsteller der DDR, die aufgefordert wurden, zu den Arbeitern zu gehen, die so einen Zugang zur Literatur gewinnen konnten.
Ein weiterer, ganz wichtiger Grund, die Politikchronisten zu unterstützen, ist dieser: Für Autoren, die kritische Bücher schreiben, wird es immer schwieriger gemacht, Ihre Bücher zu verlegen. Die neuerdings erlebbare Zensur im Internet geht damit parallel. Politische Bücher aus anderen Ländern haben oftmals keine Chance auf Übersetzung und Veröffentlichung hierzulande.
Barbara Schnellen